Redebeitrag zur Frauen*kampftagdemo am 8. März in Aachen

Hier zum Nachlesen der Redebeitrag, den wir am Elisenbrunnen in Aachen gehalten haben:

Wir haben überlegt, warum wir heute hier stehen. Es geht um Freiheit und Selbstbestimmung, um den Wunsch vieler, sich von patriarchaler Unterdrückung zu befreien. Diese Befreiung kommt nicht einfach von selbst, sie wird einem nicht gegeben, dafür müssen Frauen* kämpfen.

Zu diesem Kampf gehört es, sich Räume zu nehmen, auf der Straße präsent zu sein, sich gegen Sexismus, Kommerzialisierung des Feminismus, Gewalt gegen Frauen, Trans- und Inter-Personen zu wehren.Es geht darum, sich aufzulehnen gegen Ausbeutung, Rassismus, das staatliche Gewaltmonopol, das dasganze Scheiß-System, unter dem wir alle hier und anderswo leiden, schützt und mit allen Mitteln auf Kosten der Ärmsten aufrecht erhält. Wer sind diese Menschen, die am stärksten von diesem System benachteiligt sind?

Es sind die Nicht-Konformen, die sich nicht der kapitalistischen Verwertungslogik und dem Leistungszwang beugen wollen. Es sind die Arbeiter*innen, die in den Fabriken Klamotten nähen für einen Lohn, von dem sie nicht leben können, unter der Gefahr, dass jeden Moment das Gebäude einstürzt, in dem sie 12 Stunden am Tag schuften müssen. Es sind die Frauen* und LGBTQ-Personen aus Moria, dem Flüchtlingslager auf Lesbos, die dort festsitzen, weil die EU auf Menschenrechte scheißt und die sich nachts nicht aufs Klo trauen, weil die Gefahr so groß ist, sexualisierter Gewalt ausgesetzt zu sein. Es sind die Menschen, die sich tagtäglich die dümmsten und ekelhaftesten Anmachsprüche anhören müssen; Menschen, deren Grenzen nicht akzeptiert und diese bewusst überschritten werden. Menschen,denen ihre Identität abgesprochen wird, weil für viele Leute nur die Kategorie Mann oder Frau existiert.Es sind Menschen, denen der Zugang zu Abtreibungen und körperlicher Selbstbestimmung vom Staat und vor allem von cis-Männern, die in Machtpositionen sitzen, verwehrt wird.Wir stehen heute hier, weil wir kämpfen wollen – Wir kämpfen gegen ein binäres System, das Menschen in die Kategorie Frau oder Mann zwängt. Wir kämpfen für alle, die aufgrund ihres Genders diskriminiert werden; und gegen eine Welt, in der alles maskulin konnotierte als der Standard, und alles, was davon abweicht, was davon abweicht, als minderwertig gilt.Wir kämpfen gegen die kapitalistische Vereinnahmung des Feminismus durch Konzerne und Modelabel, die sich als sozial und fortschrittlich inszenieren, obwohl sie die Bewegung nicht unterstützen, sondern sie für kommerzielle Zwecke missbrauchen. Dabei sind es gerade diese Konzerne, die Arbeiter*innen unter beschissensten Bedingungen ausbeuten, den Klimawandel vorantreiben und daraus auch noch Profit machen.Wir kämpfen gegen den Kapitalismus, der nur durch Ausbeutung und Unterdrückung funktionieren kann, und eine befreite Gesellschaft unmöglich macht.Feminismus und Kapitalismus lassen sich niemals miteinander vereinbaren!Deswegen sind wir nicht für mehr Frauen* in der Führungsetage großer Konzerne oder in der Politik, sondern für eine Abschaffung des ganzen Scheiß-Systems! Wir kämpfen auch gegen Rassismus und die Festung Europa, die Schutzsuchende an ihren Grenzen sterben lässt oder sogar erschießt, und diejenigen, die es doch hinein schaffen, einsperrt, demütigt und ihnen jede Menschlichkeit abspricht.Die Verzweiflung über die aussichtslose Situation in Flüchtlingslagern fördert gewaltsame Verhaltensweisen, von denen Frauen und LGBTIQ*-Menschen am meisten betroffen sind. Unsere feministische Solidarität ist grenzenlos und gilt nicht nur weißen Europäer*innen!Wir kämpfen dagegen, dass rassistische und menschenfeindliche Institutionen wie die Bullerei und die AfD vorgeben, Frauen* vor sexuellen Übergriffen zu schützen, um Rassismus zu schüren und den Ausbau des Überwachungsstaats zu begründen. In dieser Rhetorik wird häufig so getan, als seien vor

allem vermeintlich migrantische Männer das Problem. Dabei ist es Männlichkeit und patriarchale Sozialisation an sich, die cis-Männern ein Recht auf die Körper von Frauen* zuspricht.Aber nicht staatliche Kontrolle kann uns schützen, sondern wir müssen sexistische Strukturen, Denkmuster und Verhaltensweisen konsequent angreifen!Genau so wenig schützen uns Politiker*innen mit ihren Reformen. Ihnen geht es zu häufig nur um Machterhalt und die Stabilisierung des Systems. Deswegen müssen wir die Sache selbst in die Hand nehmen. Gesellschaftliche Verbesserungen müssen von unten vorangetrieben werden, nicht durch faule Kompromisse oder von oben herab.Aus diesen Gründen sind wir heute hier, denn das kann nur gemeinsam geschafft werden. Mit vielen Menschen, die sich solidarisieren und gegenseitig unterstützen; die sich durch kulturelle Unterschiede, Vereinnahmungen und Repression nicht spalten lassen. Also lasst uns unsere Kämpfe verbinden, denn die Unterdrückungs- und Diskriminierungsformen in unserer Gesellschaft lassen sich nicht voneinander trennen! Lasst sie uns intersektional bekämpfen!